6:30 Uhr – Startschuss bzw. Kanonenschlag vom Hubschrauber. Der erste Startblock darf los. Der vierte Startblock rollt ebenfalls langsam los, bleibt jedoch nach kurzer Zeit wieder stehen, bevor es auch für uns ca. 25 Minuten später losgeht.
7:01 Uhr – ich fahre über die Startlinie, eine halbe Stunde nach dem eigentlichen Start. Eine Blaskapelle spielt Partymusik, alle jubeln uns zu… Grenzenlose Motivation… großes Kettenblatt…
Beeindruckt von der Anzahl an Startern aber das Zeitlimit im Kopf und schon jetzt 30 Minuten hinter dem persönlichen Ziel… aber es wird schon irgendwie passen…
Anders als bei vielen anderen Rennen fahren alle recht geordnet und mit italienischer Gelassenheit. Wahrscheinlich auch weil jeder weiß, dass auf den ersten 10 km kaum überholt werden kann. Erst oben auf dem Passo di Campolongo hat sich das Feld „etwas“ auseinander gezogen, wobei man auch in der Auffahrt zum Pordoijoch in jeder Serpentine nur unzählige Radfahrer sieht. Beindruckende Bilder!
Die Sellaronda liegt mir. Die vier längeren Aufstiege haben eine relativ gleichbleibende Steigung von 6-8% und auf den Abfahrten kann man sich gut erholen und verpflegen. Bei der ersten Verpflegung werden nur die Flaschen aufgefüllt. Die zweite Verpflegung lasse ich aus und beende die Sellaronda nach knapp 3 Stunden. Die linke Spur führt zum Ziel, die rechte auf die zweite Runde erneut hoch zum Campolongo. Ich nehme die rechte Spur, liege gut in der Zeit und der angestrebte Marathon sollte passen. Oben auf dem Compolongo fülle ich die Flachen, esse ein Schinken-Käsebrot und warte auf einen befreundeten Radfahrer der auf der Abfahrt vom Grödner Joch einen Reifenschaden hatte. Nach der Abfahrt geht es auf das einzige längere Flachstück. Eine Gruppe wäre schön, ist aber nicht in Sicht und somit bleibt mir nur das Abwechseln mit einigen wenigen Anderen. Beim Kontrollpunkt biege ich ca. eine Stunde vor dem Zeitlimit auf die Marathonstrecke. Bis auf einen kleineren Gegenanstieg geht es hinab nach Selva di Cadore. Die Kontrolle lasse ich aus, beide Flaschen sind noch fast voll.
Bei Selva di Cadore beginnt die Stunde der Wahrheit oder anders ausgedrückt der Anstieg zum Passo di Giau. Auf 9,9 km und durchschnittlich 9,3% Steigung gibt es keinen Schatten, keineErholungsmöglichkeiten und zudem Rampen mit 14%. Nach etwas mehr als einer Stunde ist es geschafft und der Ausblick lässt sich bei der Verpflegungsstation am Passo di Giau genießen. Die Verpflegung bietet neben den üblichen Broten, Bötchen, Kuchen und Energieriegeln auch lokale Käsesorten. Man müsste nicht weiterfahren J
Ich mache mich trotzdem auf den Weg. Mit knapp 700 Höhenmeter Abfahrt nach Pocol geht es für die Beine entspannt los. Aufgrund der engen Serpentinen und dem teilweise sehr starken Gefälle ist die Abfahrt jedoch eine besondere Herausforderung für die Bremsen und speziell für die Reifen. An nahezu jeder zweiten Serpentine steht ein Radfahrer und wechselt seinen Schlauch. Zu spät denke auch ich darüber nach etwas Luft aus den Reifen zu lassen und so erwischt es auch mich. Zu allem Überfluss auch noch den hinteren Reifen, was zwangsläufig mit öligen Fingern endet. Kaum fertig kommt schon der nächste Fahrer mit plattem Reifen und ohne Pumpe gelaufen. Selbstverständlich wird sich gegenseitig geholfen, um dann gemeinsam mit ca. 2 bar langsam den Berg hinab zu rollen. Ziel ist der Servicewagen bei Pocol und die Standpumpe. Nach kurzem Schlange stehen (4 Radfahrer benötigen vor uns die Pumpe) geht es mit 7 bar hoch zum Passo di Falzarego. Leider nur kurz, da nach knapp einem Kilometer der gerade gewechselt Schlauch erneut platzte. Bei nur einem Ersatzschlauch, blieb mir nur der Fußweg zurück zumServicewagen. Mit Radschuhen nicht gerade ein Vergnügen. Da der Servicetechniker mich schon kannte und einen Schaden an der Felge nicht ausgeschlossen werden konnte, bekam ich sofort ein neues Laufrad geliehen. Optisch nicht gerade schön aber funktional und im Hinblick auf den Zeitverlust die beste Lösung. Mit neuem Laufrad wurde der Passo di Falzarego dann erneut und erfolgreich in Angriff genommen. Oben angekommen summierten sich die Reifenschäden auf knapp eine Stunde Zeitverlust. Ärgerlich aber zu verkraften.